Stadtbericht
Krefeld
23 Prozentpunkte trennen Krefeld-Süd von Krefeld-Ost. Diese demokratische Spaltung setzt sich auch auf sozialer Ebene fort: viermal so viele Haushalte gehören im wahlmüden Krefeld-Süd den sozial benachteiligten Milieus an, gut doppelt so viele Menschen sind ohne Schulabschluss. Die Arbeitslosigkeit ist hier sogar rund fünfmal so hoch.
Mit 68,9 Prozent lag die Wahlbeteiligung in Krefeld unter dem Bundesdurchschnitt (71,5). Darüber hinaus verbirgt sich auch in Krefeld hinter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert eine erhebliche soziale Ungleichheit bei der Wahlbeteiligung. Während in gut situierten Stadtvierteln nach wie vor überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht wahrnehmen, sind die sozial schwächeren Stadtviertel die Hochburgen der Nichtwähler.
Wo die Nichtwähler wohnen ...
Am niedrigsten lag die Wahlbeteiligung in Krefeld-Süd, wo mit mageren 55,1 Prozent gerade einmal nur knapp mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Doch auch abseits der politischen Teilhabe liegt Krefeld-Süd abgeschlagen hinter den Krefelder Durchschnittswerten: Mit über drei von vier Haushalten ist hier der Anteil der sozial prekären Milieus stadtweit am höchsten. Allein die Hedonisten stellen mehr als 40 Prozent und sind somit noch vor den Traditionellen, denen etwa ein Fünftel aller Haushalte zugeordnet werden kann, die größte Einzelgruppe. Auf jeden (Fach-)Abiturienten kommt in Krefeld-Süd mehr als ein Mensch ohne Schulabschluss, beide Quoten liegen bei etwa 16 bzw. 18 Prozent. Rund jeder achte Erwerbsfähige ist zudem von Arbeitslosigkeit betroffen, die Kaufkraft erreicht einen im Krefelder Vergleich nur niedrigen Wert von 36.000 Euro. Die überwältigende Mehrheit der Haushalte verteilt sich auf große und sehr große Miets- und Hochhäuser.
Ähnlich prekär stellt sich die soziale Lebenswirklichkeit des Stadtteils Krefeld-Mitte dar, wo die Wahlbeteiligung mit 58,9 Prozent nur wenig höher lag. Die sozial benachteiligten Milieus werden hier von nahezu 60 Prozent der Haushalte repräsentiert, von denen erneut die Hedonisten die größte Gruppe darstellen. Die Verteilung der Bildungsabschlüsse verbessert sich im Vergleich zu Krefeld-Süd nur geringfügig, immerhin verfügt hier rund jeder Fünfte über Abitur, während gleichzeitig der Anteil der Menschen ohne Schulabschluss um einige wenige Prozentpunkte absinkt. Allerdings ist die Stadtmitte mit einer Arbeitslosendichte von mehr als 15 Prozent am stärksten von der Arbeitslosigkeit betroffen. Die Kaufkraft ist hier stadtweit gesehen am niedrigsten. Hinsichtlich der Bebauung dominieren Wohnhäuser mit mehr als zehn Parteien.
… wo die Wählerhochburgen sind …
Eine völlig andere Lebenswelt findet man dagegen in Krefeld-Ost vor, wo mit 78,9 Prozent die meisten Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten. Eine breite Mischung aus mittleren und oberen Milieus, von denen die Konservativ-Etablierten (21 Prozent) die größte Gruppe darstellen, dominiert das Viertel Krefeld-Ost. Einer (Fach-)Abiturquote von gut 38 Prozent steht ein relativ geringer Anteil an Menschen ohne Schulabschluss (acht Prozent) gegenüber. Bei einer Dichte von unter drei Prozent ist das Problem der Arbeitslosigkeit in diesem Viertel von geringer Bedeutung und bei der Kaufkraft der Haushalte findet man rund 49.000 Euro den Spitzenwert der Stadt. In Krefeld-Ost gibt es nur wenige größere Hochhäuser, das Stadtbild ist klar von kleineren Ein- und Mehrfamilienhäusern geprägt.
Ähnlich gut steht der Stadtteil Hüls da, der mit 76,1 Prozent die zweithöchste Wahlbeteiligung Krefelds aufweist. Der Großteil der Haushalte entfällt auch hier auf die oberen und mittleren Milieus, ein Fünftel allein entstammt der Bürgerlichen Mitte. Obwohl die (Fach-)Abiturquote etwas geringer ausfällt als in Krefeld-Ost, ist auch hier das Bildungsniveau recht hoch und der Anteil an Menschen ohne Schulabschluss gering. Lediglich vier von 100 Erwerbsfähigen sind von Arbeitslosigkeit betroffen; die Kaufkraft ist dementsprechend hoch. Die Bebauung ähnelt stark dem Stadtbild in Krefeld-Ost, der Anteil an Ein- bis Zweifamilienhäusern ist in Hüls sogar noch etwas höher.
… und wo die Wahlbeteiligung im Durchschnitt liegt
Nah am Durchschnitt liegt der Stadtteil Oppum-Linn, in dem 69,5 Prozent der Wahlberechtigten ihr Kreuz machten. Auch ein Blick auf die Milieu- und Sozialstruktur offenbart einen heterogenen, durchschnittlichen Stadtteil. Einem relativ großen Anteil an sozial prekären Milieus – die Traditionellen stellen gut ein Viertel aller Haushalte – steht ein ebenso großer Block an wirtschaftlich starken Milieus und Milieus der mittleren Schichten gegenüber.
Das Bildungsniveau pendelt sich zwischen den extremeren Werten der Spitzengruppe und den Schlusslichtern ein. Etwa jeder Vierte verfügt hier über die Hochschulreife, der Anteil an Menschen ohne Schulabschluss liegt bei rund zwölf Prozent. Kaufkraft und Arbeitslosigkeit bewegen sich ebenfalls bei mittleren Werten. In der Bebauung überwiegen kleinere und mittlere Wohnhäuser.
Fazit
Die Wahlbeteiligung ist auch in Krefeld – wie in allen anderen untersuchten Großstädten Deutschlands – sozial gespalten. Während in sozial besser situierten Stadtteilen überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht ausüben,
ziehen sich in den ökonomisch schwächeren Vierteln viele Menschen aus der demokratischen Teilhabe zurück. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 ist deshalb auch in Krefeld, gemessen an der Sozialstruktur der Bevölkerung, nicht repräsentativ.