Stadtbericht
Düsseldorf
Zwischen dem wählerschwachen Garath und wählerstarken Volmerswerth klafft eine Lücke von 33 Prozentpunkten in der Wahlbeteiligung. Diese demokratische Spaltung geht mit sozialer Ungleichheit einher: in den Stadtteilen mit niedriger Wahlbeteiligung finden sich rund fünfmal so viele Arbeitslose und 42-mal so viele Haushalte aus ökonomisch schwächeren Milieus wie in den Wählerhochburgen.
Mit 73,3 Prozent lag die Wahlbeteiligung in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zwar leicht über dem Bundesdurchschnitt (71,5). Dennoch verbirgt sich auch in Düsseldorf hinter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert eine erhebliche soziale Ungleichheit der Wahlbeteiligung. Während in gut situierten Stadtvierteln nach wie vor überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht wahrnehmen, sind die sozial schwächeren Stadtviertel die Hochburgen der Nichtwähler.
Wo die Nichtwähler wohnen ...
Am geringsten war die Wahlbeteiligung in Düsseldorf-Garath, wo lediglich 58,9 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Gleichzeitig werden in Garath über 80 Prozent der Haushalte einem der drei sozial benachteiligten Milieus der Prekären, Hedonisten und Traditionellen zugerechnet. Der Anteil der sozial prekären Milieus liegt damit rund 20-mal höher als der Anteil der drei sozial starken Milieus (Konservative, Liberal-Intellektuelle und Performer). In jedem achten Haushalt fehlt mindestens ein Schulabschluss, und unter den vorhandenen Abschlüssen der anderen Haushalte dominiert klar der Hauptschulabschluss, während die Abiturquote mit etwa 15 Prozent stark unterdurchschnittlich ist. Die Arbeitslosigkeit erreicht mit rund zwölf Prozent einen Düsseldorfer Höchstwert. Das Stadtbild in Garath ist gekennzeichnet durch Mietshochhäuser und größere Wohnblöcke.
Vergleichbar gestaltet sich die soziale Lage in Flingern-Süd, wo die Wahlbeteiligung mit 60,7 Prozent ebenfalls drastisch unterhalb des Durchschnitts lag. Etwa 60 Prozent der Haushalte sind hier allein dem sozial schwachen Milieu der Hedonisten zuzurechnen, die den Stadtteil somit klar dominieren, während die Mittelschicht marginalisiert ist und die oberen Milieus überhaupt nicht vertreten sind.
Bei den Bildungsabschlüssen fällt die Verteilung noch stärker in Richtung fehlender und niedriger Abschlüsse aus als in Garath, während die Arbeitslosigkeit annähernd auf gleich hohem Niveau liegt. Mit Ausnahme geringer Anteile kleinerer Wohnhäuser ist auch hier das Stadtbild durch größere und große Miets- und Wohnblöcke bis hin zu Hochhäusern geprägt; die Kaufkraft der Haushalte ist deutlich niedriger als im Stadtdurchschnitt.
Auch in anderen Stadtteilen mit unterdurchschnittlichen Wahlbeteiligungen, wie in Lierenfeld, Hassels, Reisholz und Rath, zeigen sich ähnliche soziale Probleme und Brennpunktsymptome wie in Garath, wenn auch jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ausprägungen bei den einzelnen Indikatoren (vgl. dazu die Tabelle im Anhang dieses Stadtberichts).
… wo die Wählerhochburgen sind …
Wendet man sich dagegen den Stadtteilen mit der höchsten Wahlbeteiligung zu, findet man dort eine völlig andere soziale Wirklichkeit vor. Im eher beschaulichen, am Rhein gelegenen Volmerswerth lag die Wahlbeteiligung mit 91,8 Prozent am höchsten. Dementsprechend sind auch die Milieus im Vergleich zu den Nichtwähler-Hochburgen spiegelbildlich verteilt: Während die sozial schwächeren Milieus kaum vertreten sind, dominiert ein breites Spektrum von Adaptiv-Pragmatischen, Performern und Haushalten aus dem liberal-intellektuellen und etablierten Milieu das Bild. Annähernd zwei Fünftel besitzen die (Fach-)Hochschulreife, der Anteil der Menschen ohne Schulabschluss liegt im einstelligen Prozentbereich. Nur rund drei Prozent der Erwerbsfähigen sind arbeitslos; die Wohnsituation ist von kleineren Mehrparteienhäusern und einem bedeutenden Anteil von Ein- bis Zweifamilienhäusern geprägt.
Ein vergleichbares Bild zeigt sich im eher dünn besiedelten Stadtteil Himmelrath, wo die Wahlbeteiligung mit 87,7 Prozent fast ebenso hoch lag wie in Volmerswerth. Über drei Viertel der Haushalte können hier den oberen Milieus der Konservativ-Etablierten, Liberal-Intellektuellen und Performer zugeschrieben werden, während die restlichen Haushalte den Milieus der Mittelschicht angehören; der Anteil der drei sozial schwachen Milieus liegt tatsächlich bei Null. Mit rund 47 Prozent ist der Anteil der Abiturientenhaushalte extrem hoch. Bei einer Arbeitslosendichte von unter zwei Prozent herrscht Vollbeschäftigung, während die Kaufkraft je Haushalt mit mehr als 50.000 Euro den Düsseldorfer Durchschnitt übersteigt. Rund neun von zehn Haushalten leben in Einfamilienhäusern oder in kleinen bis mittelgroßen Mehrfamilienhäusern.
Stark (oder zumindest in einzelnen Aspekten) vergleichbare soziale Lebensverhältnisse zeigen sich durchgängig in Stadtvierteln mit ebenfalls überdurchschnittlich hoher Wahlbeteiligung, wie in Angermund, Kalkum sowie in Nieder- und Oberkassel.
… und wo die Wahlbeteiligung im Durchschnitt liegt
Nahezu perfekt im Düsseldorfer Durchschnitt der Wahlbeteiligung liegt der Stadtteil Derendorf. Dazu passt die recht diverse Zusammensetzung der Bevölkerung in diesem Stadtteil: Ein beträchtlicher Anteil der sozial schwächeren Milieus von über 40 Prozent geht mit einer starken Mittelschicht von ca. einem Drittel einher, mit rund neun Prozent Expeditiven sowie mit immerhin knapp zehn Prozent von Haushalten der sozialen Oberschicht. Entsprechend vielfältig und divers ist das Bildungsprofil dieses Stadtteils mit vielen Hauptschulabschlüssen (35 Prozent), rund 30 Prozent Realschulabschlüssen, jedoch gleichzeitig einem Anteil von knapp 20 Prozent der Haushalte, in denen mindestens ein Abiturient lebt.
Bei der Arbeitslosigkeit liegt der Stadtteil mit einer Arbeitslosendichte von rund sechs Prozent ebenfalls in etwa im Düsseldorfer Durchschnitt. Das Straßenbild ist geprägt von Mehrfamilienhäusern mittlerer Größe und – in geringerem Maße – auch von Ein- bis Zweifamilienhäusern und größeren Wohnblöcken.
Andere Beispiele für sozial ähnlich heterogene Stadtteile, deren Wahlbeteiligung jeweils in etwa dem Düsseldorfer Durchschnitt entspricht, sind Stadtteile wie Wersten, Gerresheim und Unterrath.
Fazit
Die Wahlbeteiligung in Düsseldorf ist – wie in allen anderen untersuchten Großstädten Deutschlands auch – sozial gespalten. Während in den sozial besser situierten Stadtteilen nach wie vor überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht ausüben,
ziehen sich in den sozial schwächeren Vierteln viele Menschen aus der demokratischen Teilhabe zurück. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 ist deshalb auch für Düsseldorf sozial nicht repräsentativ.