Wahlbeteiligung
Bielefeld
Um gut 15 Prozentpunkte liegt die Wahlbeteiligung in Sennestadt unter dem Bielefelder Spitzenwert aus Dornberg. Rund fünfmal mehr so viele Haushalte zählen hier zu den ökonomisch schwächeren Milieus, die Zahl der Menschen ohne Arbeit liegt doppelt so hoch. Jeder Zehnte kann keinen Schulabschluss vorweisen.
Mit 72,5 Prozent lag die Wahlbeteiligung in Bielefeld zwar leicht über dem Bundesdurchschnitt (71,5). Dennoch verbirgt sich auch in Bielefeld hinter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert eine starke soziale Ungleichheit der Wahlbeteiligung. Obwohl für Bielefeld nur eine vergleichsweise grobe Stadtteilgliederung in zehn Stadtbezirke möglich war, zeigen sich auch hier deutliche Zusammenhänge zwischen dem sozialen Status eines Stadtbezirks und der Höhe der Wahlbeteiligung.
Wo die Nichtwähler wohnen ...
In der südöstlich gelegenen Sennestadt gaben nur etwa zwei von drei Wahlberechtigten ihre Stimme ab, was mit 65,7 Prozent dem niedrigsten Wert entspricht. Doch nicht nur in politischer Hinsicht schneidet die Großwohnsiedlung schwächer ab: Mehr als jeder zweite Haushalt lässt sich einem der drei sozial benachteiligten Milieus der Prekären, Hedonisten und Traditionellen zuordnen; letztere erreichen sogar einen Bielefelder Spitzenwert von gut 23 Prozent. Hinsichtlich des Bildungsprofils dominieren klar Haupt- und Realschulabschlüsse, jeder Zehnte verfügt über gar keinen Abschluss. Die (Fach-)Abiturquote überschreitet nur knapp die 20-Prozent-Marke. Die Arbeitslosendichte weist mit rund acht Betroffenen pro 100 Erwerbsfähigen zudem einen der höchsten Werte für das gesamte Stadtgebiet Bielefeld auf.
Ähnlich gestaltet sich die Lage im nordöstlichen Heepen, wo die Wahlbeteiligung mit 69,6 Prozent nur geringfügig höher als in Sennestadt lag. Charakteristisch sind auch hier die überproportionale Häufigkeit von Haushalten aus sozial prekären Milieus (insgesamt rund 43 Prozent) sowie das niedrige Bildungsniveau. Jeder Zehnte hat keinen Schulabschluss und der (Fach-)Abiturientenanteil liegt nur bei etwa einem Viertel der Schulabgänger. Die Arbeitslosendichte ist mit rund sieben Prozent ähnlich hoch wie in Sennestadt.
… wo die Wählerhochburgen sind …
Ein Blick auf die Stadtbezirke mit besonders hoher Wahlbeteiligung offenbart jedoch eine ganz andere soziale Wirklichkeit. Dornberg im Westen Bielefelds steht mit 81,3 Prozent Wahlbeteiligung an der Spitze. Etwa die Hälfte aller Haushalte lässt sich jeweils einem der drei oberen Milieus (Konservativ-Etablierte, Liberal-Intellektuelle und Performer) zuschreiben, während die sozial prekären Milieus nur im einstelligen Prozentbereich vertreten sind. Eine starke Häufung von Milieus des bürgerlichen Mainstreams (Sozialökologische, Adaptiv-Pragmatische und die Bürgerliche Mitte) komplettiert das Bild eines wohlsituierten Stadtviertels. Der Anteil der (Fach-)Hochschulreife an den gesamten Schulabschlüssen ist dementsprechend mit etwa 40 Prozent gut doppelt so hoch wie in Sennestadt oder Heepen, nur acht Prozent verlassen die Schule ohne Abschluss. Auch die Arbeitslosendichte ist nur etwa halb so hoch wie in den zuvor genannten Bezirken. Fast 50 Prozent aller Haushalte leben zudem in Ein- bis Zweifamilienhäuser.
Mit einer Wahlbeteiligung von 77,9 Prozent folgt der Stadtbezirk Jöllenbeck an zweiter Stelle. Dieser ähnelt dem erstplatzierten Dornberg nicht nur hinsichtlich der Bevölkerungszahl und -dichte. Eine große Anzahl an Haushalten aus den mittleren und gehobenen Milieus steht einem geringen Anteil an sozial benachteiligten Milieus gegenüber, auch wenn hier im Gegensatz zu Dornberg eindeutig die gesellschaftliche Mitte im Vordergrund steht. Etwa ein Drittel besitzt die (Fach-)Hochschulreife, während wiederum der Anteil der Menschen ohne Abschluss nur im einstelligen Prozentbereich liegt. Rund fünf von 100 Erwerbsfähigen sind arbeitslos und annähernd die Hälfte aller Haushalte verteilt sich auf Ein- bis Zweifamilienhäuser.
… und wo die Wahlbeteiligung im Durchschnitt liegt
Mit einer Wahlbeteiligung von 72,4 Prozent bildet der Stadtbezirk Mitte nahezu exakt den Bielefelder Durchschnitt ab. Entsprechend heterogen setzt sich seine Bevölkerung zusammen: Einer starken Repräsentation der schlechter gestellten Milieus – vor allem der hohe Anteil an Hedonisten (24 Prozent) fällt hier auf – steht eine nahezu ebenso stark vertretene Mittelschicht gegenüber. Im Vergleich zu anderen Stadtbezirken fallen die oberen Milieus mit nur knapp 15 Prozent hingegen etwas ab.
Das Bildungsprofil hingegen ähnelt stark den Verhältnissen in Sennestadt oder Heepen, und auch die Arbeitslosigkeit liegt im Zentrum deutlich höher als in Dornberg oder Jöllenbeck. Entsprechend der insgesamt sehr heterogenen Zusammensetzung des Stadtbezirks Mitte liegt dort die Wahlbeteiligung im Bielefelder Durchschnitt, weil Milieus mit einer unterdurchschnittlichen Wahlbeteiligung ebenso vertreten sind wie die wählerstarken Milieus der Mittel- und Oberschichten.
Fazit
Die Wahlbeteiligung ist in Bielefeld – wie in allen anderen untersuchten Großstädten Deutschlands – sozial gespalten. Während in sozial besser situierten Stadtteilen überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht ausüben,
ziehen sich in den ökonomisch schwächeren Vierteln viele Menschen aus der demokratischen Teilhabe zurück. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 ist deshalb auch in Bielefeld, gemessen an der Sozialstruktur der Bevölkerung, nicht repräsentativ.