Stadtbericht
Köln
Im Villenviertel Hahnwald liegt die Wahlbeteiligung mehr als doppelt so hoch wie zwischen den Plattenbauten Chorweilers. In den wählerschwächsten Stadtvierteln der Domstadt gehören rund 18-mal so viele Haushalte den ökonomisch schwächeren Milieus an wie in den Wählerbastionen. Zweimal so viele Menschen sind ohne Schulabschluss, die Arbeitslosigkeit liegt vier- bis fünfmal so hoch.
Mit 72,5 Prozent lag die Wahlbeteiligung in Köln zwar leicht über dem Bundesdurchschnitt (71,5). Dennoch verbirgt sich auch in Köln hinter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert eine erhebliche soziale Ungleichheit bei der Wahlbeteiligung. Während in gut situierten Stadtvierteln nach wie vor überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht wahrnehmen, sind die sozial schwächeren Stadtviertel die Hochburgen der Nichtwähler.
Wo die Nichtwähler wohnen ...
Am geringsten lag die Wahlbeteiligung im sozialen Brennpunkt Chorweiler, wo kaum mehr als vier von zehn Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben – damit liegt der Stadtteil noch fast zehn Prozentpunkte hinter dem zweitniedrigsten Kölner Wert. In den zahlreichen Platten- und Betonbauten gehören rund zwei Drittel der Haushalte allein dem Einzelmilieu der Hedonisten an, die Mehrzahl der sonstigen Milieus ist hier inexistent. Der Anteil von Fach- und allgemeiner Hochschulreife überschreitet nur knapp die Marke von 15 Prozent und liegt damit noch hinter dem Anteil der Menschen ohne Schulabschluss. Es herrscht Massenarbeitslosigkeit wie in nur wenigen anderen Kölner Vierteln – die Quote nähert sich der Marke von 20 Prozent. Die Mehrheit der Chorweiler Haushalte wohnt in Mietshochhäusern.
Nur im Vergleich mit diesem absoluten Tiefstwert erscheint die Wahlbeteiligung im Stadtteil Vingst in weniger dramatischem Licht: Mit 51,9 Prozent nahm hier gerade einer von zwei Wahlberechtigten an der Wahl teil. Die Bevölkerungsstruktur wird zu rund zwei Fünfteln von den Traditionellen dominiert. Ein weiteres Drittel der Haushalte wird den Hedonisten zugerechnet, es folgen auf Abstand Sozialökologische und Prekäre. Das Bildungsprofil weist einen leicht höheren Anteil der Hochschulreife und weniger fehlende Abschlüsse auf als in Chorweiler. Ebenso ist die Arbeitslosigkeit etwas niedriger, liegt jedoch auf für Köln weit überdurchschnittlichem Niveau. Bei der Bebauung dominieren zuvorderst größere Mehrparteienhäuser und Wohnblöcke.
Andere Stadtteile mit niedriger Wahlbeteiligung und schwächerem Sozialprofil sind beispielsweise Gremberghoven, Finkenberg, Höhenberg und Buchforst.
… wo die Wählerhochburgen sind …
Das reiche Köln-Hahnwald liegt dagegen in der Wahlbeteiligung annähernd so stark über dem Durchschnitt, wie ihn Vingst und andere Stadtteile unterschreiten. Ein Rekordanteil von 88,7 Prozent der Wahlberechtigten stimmte hier über den neuen Bundestag ab. Die Milieuverteilung fällt völlig gegenläufig aus: Allein die Performer kommen auf knapp die Hälfte der Haushalte. Daneben existieren im Grunde nur noch Liberal-Intellektuelle und Konservativ-Etablierte. Fast die Hälfte der Schulabschlüsse in Hahnwald berechtigen zum Hochschulstudium, mehr als Haupt- und Realschulabschlüsse gemeinsam. Die Arbeitslosenquote ist mit rund einem Prozent minimal, die Kaufkraft von über 60.000 Euro je Haushalt enorm. Nahezu die Gesamtheit der Menschen lebt im Villenviertel Hahnwald in Privathäusern oder kleinen Mehrparteienhäusern.
Dem Höchstwert am nächsten kommt dahinter die Beteiligungsquote im Stadtteil Klettenberg: Hier machten 83,8 Prozent der Wahlberechtigten ihr Kreuz in der Wahlkabine. Einmal mehr dominieren die Milieus der Performer, der Liberal-Intellektuellen und der Konservativ-Etablierten;
jedoch sind auch die Pragmatisch-Adaptiven (17 Prozent), die Bürgerliche Mitte (neun Prozent) und die Sozialökologischen (sieben Prozent) und seltener die Traditionellen vertreten. In Sachen Bildung liegt die Hochschulreife mit hohen 40 Prozent über dem Kölner Durchschnitt, die Arbeitslosigkeit bewegt sich im niedrigen einstelligen Bereich. Der Großteil der Haushalte verteilt sich auf urbane, mehrstöckige Wohnhäuser, während sowohl Mietshochhäuser als auch Ein- bis Zweifamilienhäuser klar in der Minderheit bleiben.
Ähnliche Beteiligungsquoten und soziale Lebensverhältnisse finden sich auch in Stadtteilen wie Löwenich, Lindenthal, Junkersdorf oder Sülz.
… und wo die Wahlbeteiligung im Durchschnitt liegt
Nahezu unmittelbar im Kölner Durchschnitt hingegen der Stadtteil Mauenheim mit einer Wahlbeteiligung von 72,6 Prozent. Gleich mehrere unterschiedliche Milieus umschließen hier einen Kern aus Bürgerlicher Mitte und Traditionellen von jeweils rund einem Viertel der Haushalte: Hedonisten und Prekäre mit jeweils 13 bzw. elf Prozent einerseits wohnen hier gemeinsam mit Konservativ-Etablierten (zwölf Prozent) sowie einigen Pragmatisch-Adaptiven (neun Prozent) andererseits.
Die Verteilung der Schulabschlüsse liegt etwa im Durchschnitt, die Arbeitslosigkeit verweilt im mittleren bis gehobenen einstelligen Bereich. Abgesehen von einigen großen Hochhäusern sind alle Haustypen nennenswert vertreten – die Mehrheit der Haushalte ist in mittleren Mehrparteienhäusern angesiedelt.
Auch in Höhenhaus, Riehl, Zollstock oder Poll liegen Wahlbeteiligung und soziale Lebensverhältnisse im Kölner Mittelfeld.
Fazit
Die Wahlbeteiligung ist auch in Köln – wie in allen anderen untersuchten Großstädten Deutschlands – sozial gespalten. Während in sozial besser situierten Stadtteilen überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht ausüben,
ziehen sich in den ökonomisch schwächeren Vierteln viele Menschen aus der demokratischen Teilhabe zurück. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 ist deshalb auch in Köln, gemessen an der Sozialstruktur der Bevölkerung, nicht repräsentativ.