Stadtbericht

Halle

Beteiligten sich im Stadtteil Heide-Süd allein fast zwei Drittel der Wahlberechtigten an der reinen Urnenwahl im Wahllokal, lag der Wert für Halle-Silberhöhe über 30 Prozentpunkte niedriger. In den wählerschwächsten Stadtteilen finden sich rund fünfmal so viele Haushalte aus ökonomisch schwächeren Milieus als in den Wählerhochburgen, doppelt so viele Menschen haben keinen Schlussabschluss. Die Arbeitslosigkeit liegt fünfmal so hoch.

Mit 65,3 Prozent lag die Wahlbeteiligung in der Stadt Halle unter dem Bundesdurchschnitt (71,5). Darüber hinaus verbirgt sich auch in Halle hinter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert eine stark ausgeprägte soziale Ungleichheit bei der Wahlbeteiligung, obwohl für diese Studie nur die Urnenwähler berücksichtigt werden konnten. Die Urnenwahlbeteiligung lag für die Gesamtstadt bei 50,2 Prozent. Eine Einbeziehung der Briefwähler hätte – wie die entsprechenden Analysen anderer Großstädte zeigen – die soziale Spaltung der Wählerschaft noch verschärft. Insgesamt zeigt sich auch für Halle: Während in gut situierten Stadtvierteln nach wie vor überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht wahrnehmen, sind die sozial schwächeren Stadtviertel die Hochburgen der Nichtwähler.

  • Silberhöhe 36,2 %
    Heide-Süd 66,5 %

  • Südliche Neustadt 41,1 %
    Dautzsch 66,3 %

  • Halle – Gesamtstadt: 53,3%
    Gesundbrunnen 52,8 %

Wo die Nichtwähler wohnen ...

Am niedrigsten lag die Urnenwahlbeteiligung im Stadtteil Silberhöhe, wo nur 36,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme im Wahllokal abgaben. Allein zwei Drittel der Haushalte werden hier von den ökonomisch benachteiligten Milieus der Prekären und Hedonisten gestellt. Daneben kann sich allenfalls noch die Bürgerliche Mitte mit rund einem Fünftel behaupten – alle anderen Milieus sind zahlenmäßig weit abgeschlagen. Die Zahl der Menschen ohne Schulabschluss liegt hier noch höher als der Anteil der Menschen mit (Fach-) Hochschulreife; Haupt- und Realschulabschlüsse dominieren mit über 67 Prozent. Nirgends im Stadtgebiet sind zudem mehr Menschen ohne Arbeit als hier, wo die Statistik gut 18 Erwerbslose auf 100 erwerbsfähige Einwohner aufweist. Die Kaufkraft je Haushalt ist niedrig und fast die Gesamtheit der Menschen lebt in Mehrparteienhäusern, Wohnblöcken und Hochbauten.

Fünf Punkte höher, jedoch noch immer klar am Ende der Skala lag die Urnenwahlbeteiligung in der Südlichen Neustadt mit insgesamt 41,1 Prozent der Wahlberechtigten. Zusammen mit den ebenfalls ökonomisch schwächeren Traditionellen erreichen die unterprivilegierten Milieus der Hedonisten und Prekären hier einen Anteil von sieben aus zehn Haushalten. Jenseits dieser Dominanz sticht allenfalls die Bürgerliche Mitte mit 14 Prozent heraus. In Sachen schulische Bildung könnten die Ähnlichkeiten zur Silberhöhe größer kaum sein: Das Verhältnis zwischen zahlreichen Menschen ohne Abschluss, seltener Hochschulreife und einer Zweidrittelmehrheit von Haupt- und Realschulabschlüssen gleicht sich bis ins Detail. Zudem liegt die Arbeitslosenzahl mit 17 zu 100 Erwerbstätigen nur unwesentlich niedriger; die Kaufkraft je Haushalt zeigt sich gar schwächer als in Halle-Silberhöhe. Auch in der Südlichen Neustadt prägen große Blöcke und Hochbauten das Straßenbild und die Lebenswelt der Menschen.

… wo die Wählerhochburgen sind …

Im neu angelegten Stadtteil Heide-Süd hingegen gingen am 22. September 2013 deutlich mehr Wahlberechtigte zur Wahl. Die reine Urnenwahl übertrifft hier mit 66,5 Prozent bereits den städtischen Gesamtschnitt (inklusive Briefwahl). Ebenso verändert zeigt sich die Milieuverteilung: Hier leben vor allem Liberal-Intellektuelle (über 35 Prozent), gefolgt von den Milieus der Bürgerlichen Mitte (rund 30 Prozent) und der Sozialökologischen (16 Prozent). Während aus den mittleren und gehobenen Schichten noch einige weitere, kleinere Milieus hinzukommen, sind die materiell schwächeren Milieus kaum vertreten. Der Anteil der Menschen mit Hochschulreife erreicht hier annähernd die 40-Prozent-Marke, fehlende Abschlüsse sind dagegen selten. Die Arbeitslosigkeit liegt unter zwei Prozent und damit im Bereich der Vollbeschäftigung. Die Kaufkraft ist deutlich höher als in den Nichtwählerbastionen. Mit fast drei Fünfteln der Haushalte dominieren moderne Eigenheime noch vor den kleineren Mehrfamilienhäusern.

Kaum geringer fiel die Urnenwahlbeteiligung im östlich gelegenen Stadtteil Dautzsch mit 66,3 Prozent der Wahlberechtigten aus. Hier wiederum prägt das Milieu der Bürgerlichen Mitte mit außergewöhnlichen 61 Prozent die gesellschaftlichen Verhältnisse. Ergänzt wird die Bevölkerungsstruktur hier von den Liberal-Intellektuellen mit einem Anteil von über 17 Prozent. Eine hohe (Fach-)Abiturquote von gut 30 Prozent und ein geringer Anteil fehlender Abschlüsse prägen das Bildungsprofil in Dautzsch. Nur eine geringe Zahl von Menschen ist ohne Arbeit: Auf 100 Erwerbsfähige kommen weniger als drei Erwerbslose. Die Haushalte hier verfügen im Schnitt über eine hohe Kaufkraft und sind zu gut 80 Prozent in Ein- und Zweifamilienhäusern untergebracht.

… und wo die Wahlbeteiligung im Durchschnitt liegt

Im Durchschnitt liegt dagegen der Stadtteil Gesundbrunnen mit einer Urnenwahlbeteiligung von 52,8 Prozent. Entsprechend heterogen gestaltet sich die Verteilung der Milieus: Zwar kommen die wirtschaftlich schwächeren Milieus der Traditionellen, Prekären und Hedonisten gemeinsam auf rund 40 Prozent der Haushalte, hinzu gesellen sich jedoch ein nahezu ebenso starkes Einzelmilieu der Bürgerlichen Mitte, einige Liberal-Intellektuelle und Pragmatisch-Adaptive mit jeweils über oder genau fünf Prozent, sowie weitere Kleinmilieus.

Ebenso ausgeglichen gestaltet sich das Bildungsprofil: Rund ein Viertel verfügt in Gesundbrunnen über die (Fach-)Hochschulreife, nur rund zehn Prozent haben gar keinen Schulabschluss. Die Arbeitslosigkeit liegt mit knapp über fünf Prozent der Erwerbsfähigen in der unteren Hälfte des Mittelfelds. Zugleich liegt die Kaufkraft im stadtweiten Durchschnitt. Bei der Bebauung dominieren Wohnhäuser mittlerer Größe, Ein- bis Zweifamilienhäuser beherbergen gut ein Viertel aller Haushalte und nur jeder achte Haushalt lebt in einem größeren Wohnblock.

Fazit

Die Wahlbeteiligung ist auch in Halle – wie in allen anderen untersuchten Großstädten Deutschlands – sozial gespalten. Während in sozial besser situierten Stadtteilen überdurchschnittlich viele Menschen ihr Wahlrecht ausüben,

ziehen sich in den ökonomisch schwächeren Vierteln viele Menschen aus der demokratischen Teilhabe zurück. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 ist deshalb auch in Halle, gemessen an der Sozialstruktur der Bevölkerung, nicht repräsentativ.